Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 03.04.2020

Zwischen Hoffen und Bangen

Der Coronavirus (COVID-19) hält die Welt in Atem, und mit ihr die internationalen Kapitalmärkte. Diese bewegten sich in den abgelaufenen Wochen zwischen Hoffen und Bangen. Hoffen auf eine Eindämmung der Pandemie. Bangen aus Sorge, dass sich aus der zunehmend globalen Ausbreitung von COVID-19 eine deutliche Abschwächung des Weltwirtschaftswachstums speist. In den kommenden Wochen schlagen nun die Stunden der Wahrheit: Kann die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden? Wie steht es um die Konjunktur? Können die geld- und fiskalischen Maßnahmen ihre Wirkung entfalten?

1. Erste (medizinische) vorsichtige Hoffnungssignale gibt es: Während diverse Möglichkeiten mittels künstlicher Intelligenz ausgelotet werden, um die Forschung eines Gegenmittels voranzutreiben, lassen erste Ergebnisse hoffen, dass vorhandene Medikamente die Krankheitsdauer verkürzen können. Anderenorts scheint das tägliche Leben wieder auf dem Weg zurück zur Normalität zu sein. Neben dem Verhalten chinesischer Konsumenten wird auch die Produktion in China weiter hochgefahren, auch in Wuhan scheint die Normalisierung des Lebens in greifbare Nähe zu rücken.
2. Dass die Pandemie mittlerweile auch in den Konjunkturindikatoren angekommen ist, zeigt sich vor allem in den jüngsten Frühindikatoren bzw. Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone. Klare Zeichen zeigen die Trendwende am US-amerikanischen Arbeitsmarkt an. Die Unterbrechung der globalen Wertschöpfungsketten und auch die zunehmende Einschränkung des öffentlichen Lebens fordern ihren Tribut. Die Auswirkung auf die Konjunktur ist schwerwiegend, so dass im Zuge dessen Ökonomen und Analysten in den kommenden Wochen ihre Konjunktur- und Gewinnschätzungen zum Teil deutlich nach unten hin anpassen werden. In Anbetracht dieser konjunkturellen Entwicklungen entsprechend ist auch die Rezessionswahrscheinlichkeit der Weltwirtschaft sprunghaft gestiegen und nunmehr Bestandteil unseres Basisszenarios.
3. Die Zentralbanken und Regierungen haben zuletzt in nie gekannter Art und Weise massive Liquiditäts- und Finanzpläne angekündigt, teils stärker sogar als zu Zeiten der Finanzmarktkrise 2008/09, um die Folgen von dem COVID-19 ausgehenden Schock abzufedern. Notenbanken rund um den Globus haben ihre Leitzinsen zum Teil massive gesenkt und kündigten umfangreiche neue Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft an. Die USNotenbank versprach, US-Staatsanleihen und hypothekenbasierte Wertpapiere in unbegrenzter (!) Menge zu kaufen („QE“ – das „quantitative easing“ – die quantitativen Lockerungen leben wieder auf). Zwar kann die Geldpolitik bei Angebots- und Nachfrageschocks wenig ausrichten, wichtig ist sie dennoch, um die Funktionsfähigkeit der Märkte zu gewährleisten und die Finanzierungsbedingungen an den Finanzmärkten zu lockern. Dabei scheint es, als würden Geld- und Fiskalpolitik zwei Seiten der gleichen Bilanz zu werden, denn zahlreiche Regierungen haben reihenweise fiskalpolitische Stimuli aufgesetzt – mitunter zum Teil die größten Stützungsprogramm in der Geschichte einzelner Länder.

In den kommenden Wochen dürften sich (nicht nur) die Kapitalmärkte weiter zwischen Hoffen und Bangen bewegen. So sollte die Unsicherheit uns auch noch in den kommenden Wochen begleiten und zu starken Verwerfungen in vielen Volkswirtschaften führen. Ein Ende des Bärenmarktes scheint noch nicht in Sicht, aber die internationalen Gegenmaßnahmen gegen die Pandemie laufen, medizinisch wie auch ökonomisch.

Taktische Allokation

  • Die Unterbrechung der globalen Wertschöpfungsketten und auch die zunehmende Einschränkung des öffentlichen Lebens fordern ihren Tribut.
  • In Anbetracht dieser konjunkturellen Entwicklungen entsprechend ist auch die Rezessionswahrscheinlichkeit gestiegen und nunmehr Bestandteil unseres Basisszenarios
  • Die Zentralbanken und Regierungen haben zuletzt in nie gekannter Art und Weise massive Liquiditäts- und Finanzpläne angekündigt, teils stärker sogar als zu Zeiten der Finanzmarktkrise 2008/09, um die Folgen von dem COVID-19 ausgehenden Schock abzufedern. Dabei scheint es, als würden Geld- und Fiskalpolitik zwei Seiten der gleichen Bilanz zu werden.
  • In den kommenden Wochen dürften sich (nicht nur) die Kapitalmärkte weiter zwischen Hoffen und Bangen bewegen. So sollte die Unsicherheit uns auch noch in den kommenden Wochen begleiten.
  • Im Zuge der Unsicherheit in Zusammenhang mit dem Corona-Virus ist weiterhin eine vorsichtigere Allokation angebracht, aber die internationalen Gegenmaßnahmen gegen die Pandemie laufen, medizinisch wie auch ökonomisch.

Eines scheint dabei schon jetzt als sicher: Das Niedrig-/Negativzinsumfeld wird uns jetzt noch länger begleiten, als dies schon vor Ausbruch der Pandemie zu erwarten war.

So gilt auch weiterhin: Vorsicht ja, Panik nein!

Bleiben Sie gesund, Ihr

Stefan Scheurer
Director, Global Capital Markets & Thematic Research


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